Gesundheitliche, familiäre und persönliche Schwierigkeiten - Psychosozialer Notfall

Ausgangslage und Situationsbeschrieb
Herr B. kam frühmorgens ganz kurzfristig zum Gespräch. Er schaffe es nicht mehr, er sei mit den Nerven am Ende. Der Mann wirkte sehr nervös, angespannt und traurig. Herr B. schilderte, er hätte seit Jahren familiäre Schwierigkeiten, konsumiere zwischendurch Cannabis und habe immer wieder depressive Verstimmungen. Oft wache er mitten in der Nacht in Panik auf, weil schreckliche Momente aus der Zeit in seinem Heimatland hochkommen. Als er letztes Mal dort im Urlaub war, artete ein Konflikt in Gewalt aus. Anschliessend sei er zum Psychiater gegangen. Dieser gab ihm Psychopharmaka ohne genaue Dosierung. Eine regelmässige Kontrolle war nach der Abreise nicht möglich gewesen. Herr B. hat seither oft Suizidgedanken. «Der Abschiedsbrief ist bereits geschrieben», flüsterte er. Eigentlich wolle er mit niemandem darüber sprechen, doch da sich die Beraterin von Proitera vor einiger Zeit im Team vorgestellt und er Gutes über sie gehört habe, hätte er nun doch zum Telefonhörer gegriffen, fügte er bei.  Herr B. brach während des Gespräches in Tränen aus und war fassungslos.

Auftrag an Proitera 
Irgendetwas tun, um ihm wieder Boden unter den Füssen zu geben. «Helfen Sie mir», sagte er verzweifelt. «Ich halte das nicht mehr aus!»

Krisenintervention
Für Proitera war dies eine Notfallsituation, die rasches Handeln erforderte. Gut, dass der Mann den Anker Proitera nutzen konnte. Es galt, Verständnis und Unterstützung zu bieten und Herrn B. zu überzeugen, dass die Familie ihn braucht und es Auswege aus dieser vermeintlichen Sackgasse gibt. Ja, die Kinder hatte der Mann, der glaubte, in einem «schwarzen Loch» zu versinken, ganz vergessen. Die Stabilisierung des psychischen Zustandes galt als oberste Priorität. Eine akute Selbstgefährdung war nicht auszuschliessen. Auch die Aussage, dass er Medikamente für die Psyche ohne ärztliche Begleitung nehme, war ein Indiz dafür, rasch zu handeln und andere, medizinische Fachkräfte beizuziehen. Die Beraterin nahm das Telefon zur Hand und konnte den sofortigen Eintritt in eine psychiatrische Klinik erwirken. Die Beraterin kontaktierte nach Rücksprache mit dem Angestellten den Vorgesetzten und anschliessend die Ehefrau. Diese erschrak und war gleichzeitig entlastet, zu hören, dass ihr Mann sich endlich Hilfe geholt hatte und auch sie nun eine Ansprechperson hatte. Sie war sichtlich erleichtert. Herr B. unterschrieb unsere «Vereinbarung für Suizidgefährdete» und bestätigte darin, dass er keine Begleitung zu seinem Wohnort brauche und er sich nichts antue. Seine Frau wurde aufgeboten, ihn am Bahnhof abzuholen und direkt in die Klinik zu fahren.

Ergebnis 
Herr B. war erleichtert, dass jemand seine Situation ernst nahm und reagierte. Die Abmachungen wurden allerseits eingehalten. Herr B. ging es in der Klinik rasch besser. Die Medikation wurde verändert und Herr B. stellte fest, dass sich seine Gedanken aufhellten. Es war entlastend, von der Ärztin zu hören, dass die Medikamente bei falscher Dosierung Suizidgedanken provozieren könnten. Als sein Gesundheitszustand wieder stabilisiert war, wurde er nach Hause entlassen. Eine Woche später konnte er bereits wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. Seine Arbeitskollegen und sein Vorgesetzter freuten sich über das Wiedersehen und zeigten sich sehr verständnisvoll. Auch die Personalabteilung hiess ihn willkommen und unterstützte ihn. Die Beraterin begleitete ihn weiterhin bezüglich Stabilität am Arbeitsplatz. Um eine Rollenvermischung zu vermeiden, wurde die externe Ehe- und Familienberatung für Paargespräche beigezogen. Den Psychiater suchte er auf, um seine Traumata zu bearbeiten und seine Emotionen zu kontrollieren.