25. Mai 2021

Die 4 Kommunikationstypen bei Konflikten am Arbeitsplatz

Konflikte und Spannungen im Team lassen sich weder im Homeoffice noch am Arbeitsplatz komplett verhindern. Sie sind unangenehm und anstrengend und auf lange Dauer führen sie zu Unzufriedenheit und Motivationsverlust bei den Mitarbeitenden. Für Vorgesetzte ist es deshalb wichtig, solche oft unterschwelligen Spannungen möglichst frühzeitig zu erkennen und anzusprechen.

Fallbeispiel Teil 1: Wie alles begann

Ein Teamleiter meldet sich bei Proitera für eine Beratung. Er sei überfordert mit der Aufgabe, sein Team zu führen und völlig ausgelaugt. Er fühle sich machtlos und nicht ernst genommen. Seit Wochen spüre er eine schlechte Stimmung im Team und er wisse nicht mehr weiter. Ein Mitarbeiter beklage sich ständig bei ihm über seine Kollegin Frau X. Wenn der Teamleiter aber Frau X. auf die Anklagen anspreche, habe diese jedes Mal eine sachliche Erklärung für die Vorfälle bereit. Und dann ist da noch die dritte Person im Team, die ihre Prioritäten nicht richtig setze und dies mache die Situation nicht einfacher, so der Teamleiter. Besonders während den Teamsitzungen komme sie immer wieder mit irrelevanten Nebensächlichkeiten und sei überall und doch nirgendwo.

Fazit: Alle scheinen genervt und die Stimmung wird von Tag zu Tag schlechter.

Was ist passiert?

Die Familien- und Psychotherapeutin Virginia Satir hat durch ihre langjährige Erfahrung in der systemischen Therapie vier Typen der Kommunikation (Überlebenshaltungen) herausgearbeitet, welche sich bei Spannungen in der Gruppe bemerkbar machen. Dabei handelt es sich nicht um unabänderliche Charakterstrukturen, sondern vielmehr um Muster, wie Menschen unter Stress reagieren.

Die Beschwichtiger*innen (Paceter)

  • Die Körperhaltung ist meist hilflos und aufopfernd.
  • Die Worte sind oft zustimmend oder im Konjunktiv, während die Stimme eher winselnd, piepsend oder gepresst scheint.
  • Sie/Er lässt dabei die eigenen Gefühle und Gedanken ausser Acht.
  • Die Kommunikation ist widersprüchlich. Bei den Beschwichtiger*innen ist der Konflikt oft nicht sichtbar, dafür ihre Frustration umso grösser.

Fallbeispiel Teil 2: Der Teamleiter

In unserem Fallbeispiel möchte es der Teamleiter allen recht machen. Eigentlich nervt es ihn, wenn sein Mitarbeiter sich ständig über die Kollegin, Frau X beklagt. Andererseits kann er ihn auch gut verstehen. Gleichzeitig findet er, dass die Argumente der in der Kritik stehenden Kollegin durchaus Sinn machen. Er schafft es nicht, in der Gruppe seine eigenen Anliegen zu äussern und sich durchzusetzen. Als leitende Person wäre dies aber bei Unstimmigkeiten im Team äusserst wichtig.

Die Ankläger*innen (Blamer)

  • Die Köperhaltung ist angespannt.
  • Die Worte klingen anklagend und fordernd, manchmal gar feindselig und die Stimme wirkt laut, schrill oder hart.
  • «Der Fehler liegt bei dir», ist die Haltung der Ankläger*innen in einer Konfliktsituation.
  • Obwohl die Ankläger*innen sehr bestimmend und gefestigt wirken, empfinden auch sie oft eine grosse Unsicherheit.

Fallbeispiel Teil 3: Der Mitarbeiter

Die Stimmung im Team ist schlecht, der unzufriedene Mitarbeiter befürchtet, dass er die Konsequenzen tragen muss, also zeigt er lieber auf die Fehler der Kollegin Frau X, um seine eigenen in den Schatten zu stellen. Seiner Meinung nach müsste der Teamleiter einschreiten und seine Kollegin zurechtweisen. Da dieser aber nicht handelt, fordert er seinen Vorgesetzten immer wieder zum Handeln auf.

Die Rationalisierer*innen (Computer)

  • Sie/Er scheint unantastbar.
  • Die Körperhaltung ist unbewegt, gespannt und reaktionsarm.
  • Die Stimme ist monoton und trocken.
  • Sie/Er überrationalisiert und versachlicht das Problem. Logik und Information dominieren die Kommunikation. Häufiger Wortgebrauch sind Nominalisierungen wie «es», «man» oder «Leute».
  • Das Problem wird von der Person auf die Sache verschoben.

Fallbeispiel Teil 4: Die Kollegin Frau X

Die Kollegin Frau X, weist jegliche Vorwürfe von ihrem Mitarbeitenden ab und versachlicht die Unstimmigkeiten im Team. Sie scheint die Vorwürfe ihres Kollegen nicht persönlich zu nehmen und hat logische Erklärungen für die Vorfälle. Sie versteckt sich hinter den Fakten und verbirgt die eigenen Emotionen und Absichten, um möglichst keine Angriffsfläche zu bieten.

Die Ablenker*innen (Distractor)

  • Sie/Er wechselt rasch das Thema, erzählt eine Geschichte, die mit der Situation kaum zu tun hat, oder lenkt mit Sätzen wie «mir kommt gerade in den Sinn, dass die Kaffemaschine noch entkalkt werden muss» ab.
  • Sie/Er entflieht regelrecht, die Körperhaltung ist unkoordiniert und bewegungsreich.
  • Die Stimme ist schnell und bewegt. Häufig machen die Ablenker*innen auch willkürlichen und schnell wechselnden Gebrauch der anderen drei Typen.

Fallbeispiel Teil 5: Die dritte Person

Die dritte Person im Team scheint von aussen kaum im Konflikt involviert zu sein. Doch offensichtlich leidet sie unter den Spannungen in der Gruppe und möchte diesen entkommen. Sie versucht die Stimmung aufzulockern, indem sie den Fokus auf andere Themen legt und lieber um den heissen Brei redet, als den Finger auf den wunden Punkt zu legen.

Konflikte sind selten nur an der Oberfläche

Was in diesem Beispiel alle Involvierten gemeinsam haben, ist eine gewisse Unsicherheit und eine Strategie (Überlebenshaltung), den anderen Mitgliedern möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.

Ein Konflikt ist selten das, was er an der Oberfläche zu sein scheint. Der Eisberg versinnbildlicht oft die unter der Oberfläche verborgenen und unausgesprochenen Bedürfnisse oder Haltungen treffend. Die vier Kommunikationstypen (Überlebensstrategien) schützen unsere versteckten Wünsche, Emotionen oder Ansichten und machen uns in einem Konflikt unantastbar. Sie machen aber auch unsere Kommunikation widersprüchlich, was den Konflikt in der Regel weiter schürt.

Für Vorgesetzte und HR-Fachpersonen ist es wichtig, solche Strategien bei den Mitarbeitenden zu erkennen, um einen Konflikt besser benennen und bearbeiten zu können.

Sprechen Sie mit uns

In einem verhärteten Konflikt kann es förderlich sein, eine neue Perspektive einzuholen. Die Betriebliche Sozialberatung bei Proitera kann Sie dabei unterstützen, den Konflikt mit einer Vogelperspektive zu betrachten und anhand verschiedener Methoden zu entwirren, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Nebst der Betrieblichen Sozialberatung bietet Proitera auch Organisationsentwicklung und Coachings an. Die Organisationsentwicklung kann bei bestehenden oder aufkommenden Konflikten helfen, neue tragfähige Lösungen zu entwickeln.

Lesen Sie auch unseren Blogartikel Mobbing oder Konflikt am Arbeitsplatz? Das sind die Unterschiede.

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