3. September 2024

Betriebliche Sozialberatung als Antwort auf New Work Challenges

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Definition Holokratie

In holokratischen Organisationsformen verzichten Unternehmen auf eine klassische Hierarchie. Der Führungsstil basiert stattdessen auf transparenter und partizipativer Beteiligung der Mitarbeitenden. Die Macht und Entscheidungskompetenz verteilt sich auf spezifische Rollen und sogenannte Zirkel – das sind sich selbst organisierende Einheiten sowie auf die einzelnen Mitarbeitenden. Diese übernehmen in der Organisation gleichzeitig unterschiedliche und wechselnde Rollen –auch über Abteilungen hinweg. Dadurch bleibt das Unternehmen flexibel und dynamisch.

Quelle: https://karrierebibel.de/holokratie/

Von zu Hause oder einem anderen beliebigen Ort aus zu arbeiten (remote oder hybrides Arbeiten) sind heute bereits weit verbreitet. Gleichzeitig erhöht sich der Konkurrenzdruck, da viele Stellen genauso gut in Länder mit tieferem Lohneinkommen verschoben werden könnten. Die Teams werden durch die erhöhte Mobilität internationaler und vielfältiger. Dies bringt viel neues Knowhow und neue Perspektiven, aber auch neue Herausforderungen mit sich.

2) Die Geschwindigkeit

Globalisierung, Digitalisierung, künstliche Intelligenz und letztendlich vor allem auch die Covid-19 Pandemie haben das Tempo des Wandels beschleunigt. Agile Strukturen fordern kontinuierliche Evaluation und die Anpassung sowie die Erprobung neuer Methoden und Arbeitsweisen. Stetige Lernbereitschaft und Anpassungsfähigkeit werden von den Mitarbeitenden erwartet.

3) Neue Wertehaltungen

Die Werte von Frithjof Bergmann sind auch heute noch hoch aktuell. Wünsche nach

  • besserer Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben,
  • Flexibilität,
  • Mitbestimmungsmöglichkeiten,
  • Vielfalt und Akzeptanz,
  • eine Sinn stiftende Tätigkeit sowie
  • soziale und/oder ökologische Verantwortung

sind vielen Bewerbenden mittlerweile wichtiger als die Entlöhnung. New Work und agile Unternehmensstrukturen decken eine Vielzahl dieser Bedürfnisse, etwa eine bessere Work-Life-Balance durch flexible Arbeitszeiten, flexible Arbeitsorte oder 36-Stunden-Wochen sowie verbesserte Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Die neuen Formen der Zusammenarbeit verändern sich von einem leistungsorientierten Konkurrenzmodus hin zu einem Kollaborationsmodus, was das Gefühl von Teilhabe und Zusammengehörigkeit im Team stärkt.

Welche Herausforderungen bringt New Work mit sich?

Auf der Kehrseite fordern gerade die Vorteile von New Work von den Mitarbeitenden sehr viel. So können flexiblere Arbeitszeiten, Remote- oder Homeoffice und Workations bedeuten, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben immer mehr verschwinden (Work-Life-Blending). Das Gefühl ständig erreichbar sein zu müssen oder die Doppelbelastung von Care-Arbeit und Homeoffice, können zur Zerreissprobe werden. Dabei sind es nicht immer die Unternehmen, die von den Mitarbeitenden die Erreichbarkeit am Wochenende oder am Abend verlangen: Durch die Sinn stiftende Tätigkeit und der damit einhergehenden hohen Identifikation mit der Arbeit sowie durch neu entstandene (Teil-)Verantwortlichkeiten aufgrund der Abschaffung von Hierarchien, sind es oft die Mitarbeitenden selbst, die diesen Druck bei sich aufbauen. Manchmal ist es auch eine Veränderung im eigenen Leben, wie zum Beispiel die Gründung einer Familie oder eine Krankheit, welche die eigenen Prioritäten und Bedürfnisse nach einer klaren Work-Life-Balance verändern. Es ist deshalb wichtig, die eigenen Grenzen zu erkennen und bewusst «Nein» sagen zu lernen.

 

Dezentralisierte Teams können ausserdem wichtige Aspekte von sozialen Beziehungen verlieren. Insbesondere von Einsamkeit betroffene Mitarbeitende kann dies psychisch stark belasten. Personen in Führungsrollen brauchen entsprechend neue Instrumente und Kompetenzen, um ein hybrides Team zusammenzuhalten und zu führen. Noch herausfordernder wird dies in holokratischen Strukturen, wo für jedes Projekt unterschiedliche Teams in unterschiedlichen Konstellationen und Führungsrollen zusammenarbeiten.

Durch die hybriden Arbeitsformen greifen immer mehr Unternehmen zu Open-Space-Büros und geteilten Arbeitsplätzen. Für introvertierte Mitarbeitende, Mitarbeitende mit ADHS oder Hochsensibilität sowie für Mitarbeitende im Autismus-Spektrum kann ein solches Arbeitsumfeld eine sensorische und mentale Überbelastung bedeuten. Zudem können nicht alle Menschen gleich gut mit Veränderungen umgehen. Besonders dann nicht, wenn die Veränderungen Verunsicherungen und eine unberechenbare Zukunft hervorrufen. Allgemein wird auf allen Ebenen eine grosse Lernbereitschaft erwartet. Gerade die Aneignung digitaler Kompetenzen, die der ständige Wandel mit sich bringt, kann bei gewissen Mitarbeitenden zur Überforderung führen.

Dabei hängt der Erfolg der Transformation stark von der Bereitschaft der Mitarbeitenden ab, diesen Weg mitzugestalten und mitzutragen. In ihrer Theorie zur Selbstbestimmung (Self-Determination Theory SDT) schreiben die Psychologen Richard Ryan und Edward Deci, dass die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenzerleben und Verbundenheit als wesentliche Treibkraft für die intrinsische Motivation dienen (Ryan u. Deci 2000).

Mitarbeitende sind motivierter, zufriedener und gesünder, wenn sie im Transformationsprozess

  • über Aspekte, welche die eigene Arbeit und den Arbeitskontext betreffen, selbst entscheiden können,
  • in ihren Stärken und Kompetenzen gestärkt werden (z.B. durch Job Crafting)
  • sich der Gruppe, unabhängig vom Arbeitsort, zugehörig fühlen.

Im Rückkehrschluss dazu, sinkt die Motivation der Mitarbeitenden, wenn der Mensch und seine Bedürfnisse in den Transformationsprozessen nicht berücksichtigt werden. Langfristig kann dies negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden haben. Hier kommt die betriebliche Sozialberatung ins Spiel.

Wie spielen New Work und betriebliche Sozialberatung zusammen?

New Work ist geprägt von der «Corporate Responsibility», also von der Verantwortung und Engagement des Unternehmens gegenüber seiner Umwelt. Der Entscheid eines Unternehmens, eine betriebliche Sozialberatung einzuführen, ist ein wichtiger Schritt, Verantwortung für die eigenen Mitarbeitenden und deren Wohlbefinden zu übernehmen.

 

Die betriebliche Sozialberatung bietet eine wichtige Anlaufstelle für jene Mitarbeitende, die mit den Herausforderungen und schnellen Veränderungen durch New Work zu kämpfen haben.

Die betriebliche Sozialberatung unterstützt dabei die Mitarbeitenden in ihren individuellen Bedürfnissen und findet mit ihnen gemeinsam Lösungsstrategien im Umgang mit den Veränderungen. Die Beratung kann dabei helfen, neue Perspektiven zu gewinnen und den Veränderungen eine neue Bedeutung zu geben. Mit einem solchen Reframing oder mit einer solchen Umdeutung kann ein Gefühl von Selbstbestimmung zurückerlangt werden. Das wirkt sich wiederum positiv auf das Wohlbefinden aus. Dabei erlernen die betroffenen Personen gleichzeitig wichtige Softskill wie Problemlösefähigkeit und Selbstwahrnehmung, die in der New Work-Bewegung sehr gefragt sind.

Gerade bei Konflikten kann eine Situationsanalyse helfen, die meist unbewussten Bedürfnisse zu erkennen. Durch das Visualisieren der Konfliktsituation kann Distanz gewonnen und für sich selbst neue Handlungsstrategien erarbeitet werden. Oftmals geht es dabei um das Erkennen der vorgegebenen wie auch der eigenen Grenzen und das Erlernen der persönlichen Abgrenzung. Ist der Konflikt derart verhärtet, dass man mit einem Einzelcoaching nicht mehr weiterkommt, kann eine Konfliktmediation im Team weiterhelfen.

Die betriebliche Sozialberatung bietet Führungskräften Coachings und Beratungen an, um persönliche Herausforderungen und mögliche Überforderungen erfolgreich zu bewältigen. Sie schafft einen neutralen Raum, in dem Führungskräfte ihre Unsicherheiten offen ansprechen und reflektieren können.

Die 5 Prinzipien von New Work

Quelle: https://humanfy.de/new-work-charta/

1. Freiheit
New Work bedeutet, sich aktiv mit neuen Ideen und Themen auseinanderzusetzen. Die Vernetzung der Teams und die Förderung von kreativem, experimentellem Austausch sind zentrale Elemente. New Work stärkt die Fehlertoleranz und fördert psychologische Sicherheit anstelle einer Angstkultur.

2. Selbstverantwortung
New Work fördert auf den unterschiedlichsten Ebenen Selbstorganisation und operative Selbstregulation. Mitarbeitende sollen mehr Entscheidungsfreiheit und Autonomie in Bezug auf ihre Arbeit, finanziellen Entscheide sowie Arbeitszeiten haben und kollektiv am Erfolg der Organisation beteiligt werden.

3. Sinn
New Work betont die Bedeutung von sinnvoller Arbeit. Es geht darum, dass die Arbeit einen tieferen Zweck erfüllt und die Mitarbeitenden motiviert. New Work-Organisationen können nicht nur ihre finanzielle, sondern auch ihre wirtschaftliche und kulturelle Wertschöpfung klar benennen.

 4. Entwicklung

New Work ermöglicht es Mitarbeitenden, kontinuierlich (voneinander) zu lernen und sich persönlich weiterzuentwickeln. New Work-Organisationen unterstützen ihre eigene kontinuierliche Weiterentwicklung durch Selbstreflexion und fördern aktiv das Ablegen überholter oder dysfunktionaler Strukturen.

 5. Soziale Verantwortung

New Work-Organisationen stärken das Miteinander und die Verbundenheit der Mitarbeitenden mit der Gemeinschaft vor Ort. Sie berücksichtigen die wirtschaftliche Wertschöpfung, den sorgfältigen Umgang mit Ressourcen und den Schutz der Umwelt. Sie praktizieren ein faires Geschäftsverhalten und gehen transparent mit eigenem Fehlverhalten um.


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