24. August 2020

Mobbing oder Konflikt am Arbeitsplatz? Das sind die Unterschiede.

Häufig kommen Mitarbeitende mit der Frage zu uns, ob ein spezifisches Verhalten eines Kollegen, einer Vorgesetzten oder im Team wohl Mobbing sein könnte. Andere erzählen wiederum direkt, dass sie am Arbeitsplatz Mobbing erleben. Dabei zeigt sich jedoch, dass das Empfinden der betroffenen Person oft nicht mit der rechtlichen Definition von Mobbing übereinstimmt.

Mobbing, wie auch sexuelle Belästigung oder Diskriminierung, ist eine Verletzung der persönlichen Integrität. Im Arbeitsgesetz ist definiert, dass die Arbeitgebenden aufgrund ihrer Fürsorgeplicht verpflichtet sind, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, um diese am Arbeitsplatz zu schützen. Trotzdem kommt es relativ häufig zu Vorfällen, bei denen die persönliche Integrität verletzt wird, wie eine Gesundheitsbefragung des Bundesamtes für Statistik zeigt.

Wann spricht man von Mobbing und wann handelt es sich um einen Konflikt am Arbeitsplatz?

Eine einheitliche, international anerkannte Definition von Mobbing gibt es bisher noch nicht. Viele Stellen, wie etwa auch das Bundesgericht, berufen sich auf die 45 Mobbinghandlungen nach Leyman (1993, 2002), die in fünf Gruppen unterteilt werden können:

Weiter gilt, dass diese Angriffe wiederholt, systematisch und über einen längeren Zeitraum erfolgen müssen, damit von Mobbing gesprochen werden kann. Mobbing wird sowohl von Vorgesetzten als auch von Mitarbeitenden auf gleicher Hierarchiestufe ausgeübt. Die Schwierigkeit liegt nicht nur darin, Mobbinghandlungen als solche zu erkennen, sondern diese oftmals sehr unterschwelligen Handlungen zu beweisen.

Während also Mobbing über klare Handlungen definiert werden kann, treten Konflikte in sehr unterschiedlichen Formen und Dynamiken auf.

Einerseits sprechen wir zum Beispiel von einem intrapersonellen Konflikt, oder auch von einem Dilemma, wenn die eigene Arbeit oder eine zu erledigende Aufgabe nicht mit den persönlichen Wertevorstellungen übereinstimmen. Andererseits können Konflikte bei einer Interaktion von zwei oder mehreren Teammitgliedern – interpersonell – entstehen, wenn die Mitglieder unterschiedliche Interessen und Ziele verfolgen. Aber auch in der internationalen Politik sprechen wir von Konflikten. Bei allen Formen kommt es zu einer Reibung zwischen Verhalten, Haltungen und Wertevorstellungen sowie Interessen und Zielen. Johan Galtung (1996) stellt diese Dynamik in einem Konfliktdreieck dar und spricht dabei von sichtbaren und unsichtbaren Faktoren.

 

Auswirkungen von Konflikten und Mobbing

Auch wenn Konflikte vor allem als etwas Negatives und Destruktives wahrgenommen werden, haben sie durchaus auch Potential für Schöpfung und Kreativität. So kann etwa ein Konflikt im Team dazu genutzt werden, konstruktiv unsichtbare Annahmen und Haltungen sowie die Interessen und Ziele zu reflektieren und gemeinsam neu zu erarbeiten. Das kann sich schliesslich positiv auf die Organisations- und Teamentwicklung auswirken.

Mobbing dagegen ist ein komplexer, psychosozialer und lang andauernder Prozess. Mobbing wirkt sich nicht nur auf das Arbeitsklima und die Zusammenarbeit schlecht aus, sondern senkt die Arbeitszufriedenheit, wirkt negativ auf das Leistungsvermögen und kann für Betroffene drastische Auswirkungen auf das persönliche Befinden und die Gesundheit haben.

Meldungen von Betroffenen oder Teammitgliedern müssen deshalb von den Vorgesetzten ernst genommen und weiterverfolgt werden.

Arbeitsklima, das Mobbing fördert:

  • Grosser Arbeitsdruck und wenig Einflussmöglichkeiten
  • Unklare Aufgabengestaltung und -verteilung
  • Mangelnde Kommunikation
  • Betriebliche Veränderungen und Arbeitsplatzunsicherheit
  • Wettbewerb ohne Spielregeln
  • Lascher oder diskriminierender Führungsstil

Proitera bietet nebst der Betrieblichen Sozialberatung auch Organisationsentwicklung und Coachings an. Die Organisationsentwicklung kann bei bestehenden oder aufkommenden Konflikten helfen, neue tragfähige Lösungen zu entwickeln.

Augen auf!

Betroffene, die in der persönlichen Integrität verletzt worden sind, zeigen oft folgende Merkmale oder Signale:

  • Motivationsverlust, Passivität
  • Rückzugsverhalten, vermehrte Kurzabsenzen
  • Gereiztheit, Abwehrverhalten
  • Konzentrationsdefizite, Gedächtnisstörungen, Leistungseinbruch
  • Häufung von Beschwerden von Mitarbeitenden oder der Kundschaft
  • «nerviges» Verhalten wie das Festhalten an einem bestimmten Thema oder Ereignis
  • abnehmende Beteiligung an sozialen betrieblichen Aktivitäten

Proitera kann als allparteiliche Ombudsstelle sowohl Betroffene als auch Vorgesetzte und HR-Verantwortliche dabei unterstützen offene Gespräche zu führen, Missverständnisse zu klären und die belastende Situation frühzeitig abzufangen. 

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