28. November 2018

Selbstoptimierung: Der Traum vom besseren Ich

Gesünder, schneller, schöner, schlauer. Neue Technologien schaffen neue Möglichkeiten, wie wir uns selber messen und unsere Leistung verbessern können. Die Selbstoptimierung bestimmt zunehmend unser Leben. Neu ist das aber nicht. Der Mensch ist von jeher getrieben vom Verbessern seines Selbst, ganz nach dem Gesetz der Evolution: „Survival of the fittest”. Die besten Überlebenschancen hat derjenige, der sich am besten an seine Umwelt anpasst. In den Industrienationen müssen wir heute allerdings nicht mehr um unser tägliches Überleben kämpfen. Trotzdem steckt der Drang, uns selbst zu verbessern, in uns.

Woher kommt dieses Streben nach Selbstoptimierung?

Ein Grund sind die neuen Anforderungen der Berufswelt: Wir müssen nicht nur schnell sein und effizient, sondern uns und unsere Fähigkeiten auch in den sozialen Netzwerken, auf Facebook, Twitter oder Linkedin, ständig präsentieren. Doch die Selbstoptimierung beschäftigt uns nicht erst seit der Digitalisierung. Mitte der 1990er-Jahre kam in Europa der Begriff der Beschäftigungsfähigkeit, auf Englisch Employability, auf. Es geht darum, wie „die lebenslange Arbeitsmarktfitness“ von Mitarbeitenden gestärkt werden kann. Gemeint ist damit nicht nur die Weiterbildung von Mitarbeitenden, sondern eine Reihe von Schlüsselkompetenzen, die jemand mitbringen muss, um möglichst lange auf dem Arbeitsmarkt zu bleiben: Teamfähigkeit, Eigenverantwortung, Flexibilität, die Fähigkeit zur Selbstreflexion oder die unternehmerische Einstellung zum Arbeitsmarkt. Nur Arbeitnehmende, die bereit sind, sich laufend auf neue Tätigkeiten, Arbeitgeber/-innen und Berufe einzustellen, werden sich langfristig durchsetzen können.

Mehr Zeit – aber wofür?

Wir leben in einer Welt, die sich in schnellem Wandel befindet und lebenslanges Lernen zur Pflicht macht. Die neue Generation von Mitarbeitenden soll über das Alltägliche hinauswachsen. Der technologische Wandel stützt die Entwicklung in Richtung Selbstoptimierung. Eine Anzahl von Anwendungen und Tools soll helfen unser Potential noch besser auszuschöpfen, Arbeitsprozesse zu vereinfachen und Zeit zu gewinnen. Von der Produktivitäts-App, die automatisch daran erinnert wann die Zeit für die Erledigung einer Aufgabe abgelaufen ist, über die Projektmanagement-App welche den Workflow des gesamten Teams trackt, bis hin zur Gesundheits-App welche die Gewohnheiten und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden reguliert.

Unternehmen, welche einmal in die Beschleunigungsfalle geraten, werden oft rückfällig.


Sandra Berenbold, Geschäftsführerin Energy Factory St. Gallen AG

Doch der Schein trügt: Anstatt die gewonnene Zeit effektiv zu nutzen, füllen wir sie immer noch mit mehr Aufgaben und Aktivitäten. Gleichzeitig wird das Gefühl, dass wir keine Zeit haben, immer stärker. Das kann zu einer Zunahme von Erschöpfungsdepressionen (Burnouts), Mobbingvorwürfen und krankheitsbedingten Ausfällen führen. Grossunternehmen suchen sich teilweise neues Personal und überlassen die Ausfälle den Sozialversicherungen.

Selbstoptimierung zur Verbesserung des betrieblichen Miteinanders

Ein gesundes Mass an Selbstoptimierung ist für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung förderlich. Wichtig ist dabei jedoch eine gute Kommunikation, die das Miteinander in den Vordergrund stellt. So, dass jeder seine Grenzen abstecken kann und die gemeinsamen Ziele anstrebt. Führungskräfte sollten ihren Mitarbeitenden Freiräume lassen, sie ideal einsetzen und zu Selbstreflexion auffordern. Wer sich wohlfühlt und nicht ständig über dem persönlichen Limit arbeitet, ist ein/-e besser/-er Mitarbeiter/-in und dient so auch dem Unternehmen mehr, besonders langfristig.

Die Betriebliche Sozialberatung Proitera ist die vertrauliche Anlaufstelle für Angestellte mit Problemen. Werden sie professionell beraten, können sie sich wieder auf die Balance zwischen Job und Freizeit konzentrieren, zum Nutzen für Ihr Unternehmen und für die Mitarbeitenden selbst.


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